Layton von Parfums de Marly (2024)

Layton hieß das Zugpferd, welches den vollbeladenen Wagon mit den Dufttinkturen von Jérémie de Marly zog, wenn Herod wegen Hufbeschlagung eine Pause einlegen musste. De Marly eilte sein Ruf voraus – in ganz Suessland war er berühmt. Er übte sich als fahrender Händler und bot seine Dufttinkturen feil. Doch er hatte ein Problem, das seinem Ziel der radikalen Ertragsmaximierung im Wege stand: der Markt war gesättigt.

Daher brauch er zu neuen Ufern auf – ins ferne Land Herbien. Als er dort ins erste Örtchen eintraf, begab er sich zum Marktplatz. Bevor er mit dem Verkauf anfing, rief er lautstark „Kraft, Leute!“ – sogleich zog er die Aufmerksamkeit auf sich. Just machte er auf der Stelle einen Salto und schrie: „De Marly!“. Seine absurde und artistische Einlage bescherte ihm zahlreiche Blicke – solch einen schrägen Vogel hatte man in Herbien lange nicht gesehen.

„Vor elf Jahren begann ich mit meiner Berufung! Sie mögen sich denken: noch ein opportunistischer Schnösel, der sich als exklusiv bezeichnet, keine Tradition hat und charakterschwache Dufttinkturen zu Mondpreisen verkauft. Doch weit gefehlt! In meinen Düften liegt lodernde Leidenschaft! Exquisite Wunderwasser, welche renommierte Sachkundige und ahnungslose Banausen begeistern!“.

Vier Männer näherten sich ihm und hörten neugierig zu. „Meine Herren – für Sie habe ich genau das Richtige. Die neueste Kreation, benannt nach meinem treuen Gaul, Layton. Die Magie dieses Wassers kann man nicht in Worte fassen – es sprengt den Rahmen des sprachlich Möglichen! Die Frauenwelt wird Ihnen zu Füßen liegen und Sie allzeit umschmeicheln – darauf gebe ich Brief und Siegel! Ein Betriebsgeheimnis: entzückte Kunden aus meinem Heimatland teilten mit, der Geruch meiner Wundertinktur hätte manch ein Frauenzimmer dazu verlockt, ihren Rock hochzuheben. Sicherlich kennen Sie den Spruch: hoch den Rock, rein den Stock!“.

Drei der Herren begannen vergnügt zu lachen und bekamen große Augen. Der letzte im Bunde, ein Rothaariger, schaute skeptisch und ungläubig drein. „Hehre Worte. Sagen Sie, Herr de Marly, was kostet dieses Wunderwasser?“ – „Sie mit den roten Haaren – eine ausgezeichnete Frage! Mein Zauberwasser ist einzigartig und erstklassig. Die Haltbarkeit und der Duftschleier seien – so sagen es die Suessländer – einem Ungetüm, gar einem Biest, gleich! Meine Herren, so heben Sie sich vom nach Pisswasser duftenden Pöbel ab – vertrauen Sie mir, ich halte den Ruf eines Connaisseurs inne! Das olfaktorische Paradies – zum Kaufen nahe – für lächerliche 140 Groschen!“. Die Herren tuschelten untereinander – das war ein halber Monatssalär. Just darauf legten sie dennoch ihre Groschen zusammen und kauften sich eine Flasche, die sie sich teilen würden. Der Rothaarige enthielt sich: „Herr, darf ich eine Probeabfüllung bekommen?“ – „Natürlich! Obacht allerdings – dieses Wasser entfaltet seine Eleganz nur unmittelbar aus der Flasche. Schauen Sie sich diesen hochwertigen und wuchtigen Flakon an! Damit…“ – „Verzeiht, ich habe keine Verwendung für tödliche Wurfgeschosse, lediglich Duftwasser.“ – „Nun gut, bitte sehr – das macht 5 Groschen!“.

Am nächsten Tag kam der Rothaarige auf de Marly zu: „Herr, gestern hatte ich die Möglichkeit, Ihr vermeintliches Wunderwasser zu testen. Nach Ihrem verheißungsvollen Vortrag, hatte ich weitaus mehr erwartet.

Layton startet fruchtig-frisch und leicht süß – ein knackiger grüner Apfel, der sich mit Bergamotte vereint, und von leicht würzigem Lavendel umschlungen wird. Der Beginn ist gewöhnungsbedürftig, da es flüchtig medizinisch riecht, wie ein Drops aus der Apotheke – Minze? Das legt sich zum Glück jäh. Was das Herz angeht: dieses hat Layton nicht – in zweierlei Hinsicht. Florale Noten sind Mangelware. Sollte ich ein vermeintliches Bouquet übersehen haben, muss es ganz tief im Zahnschmelz zerstörenden Zuckersumpf, den die Basis darstellt, zu finden sein. Gelegentlich scherze ich gerne, meine Zähne sind offenkundig nicht von Karies befallen. Doch dahin geht die verhängnisvolle süße Reise, nachdem sich die Kopfnote nach grob zwei Stunden ausklinkt. Strikt linear verweilt der Duft für die restliche Zeit von einem Viertel eines Tages in der fast schon gourmandig wirkenden cremigen Basis aus Karamell-Vanille, Akzente grünen Apfels und holzigen Noten, allen voran süßes Sandelholz. Zuweilen bekommt man den Eindruck von karamellisierten Kaffee. Kardamom und Pfeffer ziehen vermutlich im Hintergrund die Würzfäden. Sie sind die schmucklosen Superhelden, welche das sonst dominierende Dextrosescheusal bekämpfen. Lakonisch und pointiert: Zuckerwasser im Holzfass.

Wissen Sie, zwei Monate lebte ich in Suessland. Damals hätte mir Layton womöglich gefallen, in Herbien hingegen ist man anderes gewohnt. Mir dünkt, Sie ließen sich von den erfolgreichsten Dufttinkturen aus der jüngsten Vergangenheit von Suessland inspirieren und vermengten diese zu einem profanen Potpourri. Anschließend gaben Sie dieses als gediegen und exklusiv aus. Im Ergebnis nicht mehr als nett.“ – „Werter Herr, bei allem Respekt für Ihre Meinung, doch mit Ihrer Aussage haben Sie sich als offenkundiger Duftbanause enttarnt. Ihre Ansicht ändert keine Tatsachen, egal ob in Herbien oder Suessland. Erkennen Sie meine glorreiche Wundertinktur nicht als solche an, sind Sie von allen Duftgöttern verlassen. Sie wissen sicherlich – Zeit ist Geld und das schwindet mir mit jeder Sekunde, die ich mit einem Hinterwälder wie Ihnen verbringe.“. Der Rothaarige grinste verschmitzt, diese Reaktion hatte er erwartet. Ohne eine Antwort abzuwarten, fragte er abschließend: „Und von wem haben Sie Ihre Meinung?“.

Später kamen die anderen Herbianer vom Vortag auf de Marly zu und stellten diesen zur Rede, da das Wasser nicht wie versprochen exquisit und ritterlich roch. Einer verlangte den Kaufpreis zurück – de Marly blieb stur und schwatzte ausschweifende Ausreden. Als die Situation zu eskalieren drohte, da ein Herbianer eine Mistgabel holte, um den Scharlatan zu lynchen, schwang de Marly sich auf seinen Gaul und flüchtete ins nächste Dorf. In ganz Herbien hörte man noch von seinen Eskapaden – vergleichbare Situationen spielten sich vielerorts ab. Nach einem halben Jahr verlautbarten Gerüchte, dass er zurück nach Suessland geflohen war – wo sein treuer Kundenstamm ihn mit spontan aufspringenden Brieftaschen bereitwillig begrüßte. Man hörte nie wieder vom Süßholz raspelnden und Salto schwingenden Zuckerwasserkasper.

Passende Musik: Harry Enfield - Loadsamoney

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